Tischlerei Neulinger Tischlerei NeulingerHolzmöbel muss man riechen

Das Holz-Zentralblatt berichtete in der Ausgabe 39 über die Tischlerei Neulinger und Fehra-Schlafen.

Tischlerei Neulinger Tischlerei Neulinger

Holzmöbel muss man riechen – oder etwas ändern

Tischlerei Hermann Neulinger aus Roiten stellt Komponenten für komplettes eigenes Schlafsystem selbst her

Der Titel ist eigentlich die ganze Geschichte, wenn es um ein besonderes Bett, nämlich das „Fehra“-Bett geht. Genau um dieses dreht sich alles bei der Tischlerei Neulinger im niederösterreichischen Waldviertel. Vorweg: „Fehra“ kommt von „Föhre“, und diese ist bekanntlich die Kiefer, welche im Umfeld der Tischlerei auf kargem Granitboden wächst und auch duftet.

Die folgende Geschichte erzählt von einem Unternehmen, das sich mit vielen Überlegungen und Tüfteleien dem gesunden Schlafen verschrieben hat. Es geht aber auch um brandaktuelle Dinge, wie Tischlernachwuchs und letztlich Erfolg im Verkauf. 

„Fehra“ — und was steckt dahinter?

Die Tischlerei Hermann Neulinger aus Roiten stellt ein eigenes Schlafsystem her, das sich „Fehra-Schlafen“ nennt. Dabei kommt der Firmenchef leicht ins Philosophieren. Die Überlegungen beim Schlafen sind die, dass jeder Mensch unterschiedlich sei, jeder einen anderen Körperbau habe. Daher sollte jedem das Bett in individueller Form angepasst werden, so Neulinger. Wichtig dabei sei das Lamellenelement. Genau dieses ermöglicht nämlich die exakte Anpassung an den Körper. Gerne greift Neulinger auf die Familienhistorie zurück. Bereits sein Vater habe in den 1980er-Jahren Massivholzmöbel mit biologischer Oberflächenbehandlung hergestellt. Das war jene Zeit, als Eiche und auch Mahagoni modern waren. Er hatte jedoch Möbel aus Fichtenholz im Auge, geölt und gewachst. Aus dieser Geisteshaltung stammend, habe sich dann das Bewusstsein herauskristallisiert, möglichst biologisch behandelte Möbel zu produzieren. Das waren Massivholzmöbel mit gewachsten und geölten Oberflächen. Großes Augenmerk legte Neulinger immer auf das Thema „Schlafen“. Aus diesem Interessenfeld heraus wurde 1998 ein Feng-Shui-Bett aus Kiefer entwickelt. Gerade diese Baumart, hier im Waldviertel der „Urbaum“ schlechthin, wachse auf ganz kargen Böden, das Holz sei engringig und rieche betont nach Harz, so der Firmenchef. In der Firma wurden mit den verschiedenen Betten auch Schlaftests durchgeführt, um festzustellen, ob sich Blockaden lösen, ob man entspannter wird. Es seien hier signifikante Werte herausgekommen, wird versichert. Die Probanden konnten Sich innerhalb kurzer Zeit im Feng-Shui-Bett besser und schneller regenerieren als in herkömmlichen Betten. Im Jahr 2013 kam mit der Zirbenholz-Studie der Joanneum Research Forschungsgesellschaft Graz ein wahrer „Zirben-Boom“ auf die Tischler zu, und auch Neulinger sprang auf diesen Zug auf. Seit zwei Jahren habe man sich aufgrund der Tatsache, dass die Zirbe schon aus einer beachtlichen Distanz hergeholt werden musste, überlegt, Kiefernbetten zu erzeugen. In Zusammenarbeit mit der Universität für Bodenkultur in Wien kam so das Projekt „Fehra“ zustande, Schlussfolgerung von Neulinger: Alles was die Zirbe kann, könne die Kiefer auch, vielfach noch wesentlich besser, da Kiefernholz härter sei, länger halte und das Kernholz auch antibakteriell wirke. Die Marke „Fehra-Schlafen“ ist geschützt. Ein Bett kostet zwischen 6500 und 7000 Euro, mit Matratzen und Kissen.

Gute Mitarbeiter — woher?

Mit den jungen Leuten, die sich bei seinem Betrieb meldeten, sei es oft schwierig und mit ausreichenden Facharbeiterkräften haben schließlich alle, ganz gleichgültig ob Handwerk oder andere Betriebe, ihre Schwierigkeiten. Früher hatte man vor allem auf dem Land immer gute Leute, weil diese bereits daheim mitgearbeitet hätten. „Gerade das vermisst man in der heutigen Zeit schon“, so Neulinger. Auf die Schwierigkeiten angesprochen, warum das Tischlergewerbe so wenig Nachwuchs erhält, fand Neulinger seine eigene Lösung: „Probleme gibt es nach wie vor. Ich gehe in die Schulen, halte dort Vorträge, natürlich über berufsbildende Gegenstände. Aus dem ganzen Bezirk kommen dann Schüler, um sich unseren Betrieb anzuschauen, Auch in der Volksschule sollte man den Schülern schon ein bisschen über den Tischlerberuf erzählen. Es kann nicht sein, dass wir zwar bekannt sind, aber keiner so wirklich weiß, was wir eigentlich machen“, so Neulinger. „Manche Eltern sehen beispielsweise gar nicht, dass wir hier ein innovativer Tischlerbetrieb mit 15 Mitarbeitern sind, und eine gute Ausbildung ist hier durchaus möglich“, so Neulinger zum Thema.

Herzeigbare Projekte

„Wie sehen Sie das Jahr 2019 für Ihre Branche, wie stehen die Chancen in Ihrer Einzugsregion Niederösterreich und Wien?“ so die Frage des „Holz-Zentralblattes“ an Tischler Neulinger am Schluss des Besuchs. Seine Antwort: „Aufgrund unserer spezifischen Situation, mit den eigenständig entwickelten Produkten, haben wir doch eine gute Auslastung“. Dazu zwei interessante Projekte: Mit der Technischen Universität Wien habe man gerade die Einrichtung einer Schulklasse entwickelt. In Rappottenstein gebe es eine Neue Mittelschule, die seit diesem Jahr den Schwerpunkt Holz und Wirtschaft beinhalte. Dort habe man das komplette „Fehra-Know-how“ eingebracht, und das natürlich mit viel Holz. Mit der Technischen Universität Wien werden dazu ergonomische Multifunktionsmöbel gestaltet. Vor allem gehe es darum, gesunde Klassenräume zu schaffen. Das zweite, schon fertige Projekt: Man habe im vorigen Jahr im Hotel „Sole-Felsen-Bad“ in Gmünd, Niederösterreich, zwölf „Fehra“-Zimmer mit den Schlafsystemen der Tischlerei Neulinger eingerichtet. Die Gäste seien begeistert.

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Artikel und Fotos: Bernd Amschl